Ausgangslage:
Proteine sind der Schlüssel zu vielen Vorgängen im menschlichen Körper, aber auch maßgeblich bei Infektionen durch z.B. Viren beteiligt. Das Virus besitzt die Möglichkeit sich via bestimmter Proteine ans seiner Oberfläche an die Zelle anzudocken und dadurch aufgenommen und schließlich reproduziert zu werden, in dem es seine DNA in die Zelle einbringt.
Wie das genau funktioniert kannst Du hier am Beistpiel des aktuellen COVID-19 nachlesen: https://www.scinexx.de/news/medizin/so-bindet-das-neue-coronavirus-an-die-zelle/
Aber nicht nur Viren arbeiten so, auch andere Zellen wie z.B. verschiedene Krebszellen.
Ich arbeite an einer Fachhochschule, bei der ich einem Kollegen, der sich exakt mit dieser Art Proteinen beschäftigt, und durfte ihm mal im Rahmen einer Forschungsprojektabrechnung über die Schulter schauen. Im Endeffekt werden die Zellen oder Viren als dreidimensionale Eiweißstruktur dargestellt. Nun gilt es ein Eiweiß (Peptid) nachzubauen, dass genau diesem Andockeiweiß als Negativ gilt. Vereinfacht gesagt: Man hat einen Schlüssel und versucht das Schloss dazu zu basteln. Dieses Schloss ist der Wirkstoff. Trifft im Körper dann der Virus(o.ä.) auf den Wirkstoff, bindet er sich und wird dadurch gebunden – er kann sich nicht mehr mit den eigentlichen Ziel(Opfer)zellen andocken. Das Ganze ist natürlich extrem aufwändig, da es hier z.T. um lange zu faltende Molekülketten geht.
Der Folding@Home Ansatz:
Und genau da kommt Folding@Home ins Spiel. Mehrere Forschungslabore (u.a. von Universitäten) definieren Aufgaben (Work Units) wie Proteine zu falten sind. Davon leitet sich auch der Name der Plattform ab: to fold = falten. Diese Work Units werden über die Server von Folding@Home an bereitstehende Computer gesendet, auf denen der Client installiert ist. Der PC wickelt die Aufgabe ab und schickt das Ergebnis zurücke. Durch den Zusammenschluss vieler Computer kann so Arbeit in einem Ausmaß erledigt werden, der für die einzelnen Forschungsteams unmöglich zu realisieren wäre.
„I am one in a million“ – dieser Satz ist auf der Startseite der folding@home Website zu lesen. Jeder von uns – auch Du – kann dabei mitmachen. Doch was ist Folding@home eigentlich? Im Wesentlichen ist es Netzwerk von Computern, die sich mit Protein-Dynamik beschäftigen und so Daten für Wissenschaftler zur Wirkstoffentwicklung für verschiedenste Krankheiten zur Verfügung stellen. Im Wesentlichen werden Arbeitspakete definiert und dann via Server auf die einzelnen Clients, die auf Endbenutzer PCs laufen, verteilt. Dadurch wird die Rechenleistung vieler PCs zu einem Supercomputer gebündelt.
Einzige Voraussetzung: Ein PC mit installiertem Client um Work Units zu ziehen, zu berechnen und wieder hochzuladen. Umso stärker, desto besser.
Es gibt zwei Arten von Work Units – für den Prozessor und für die Grafikkarte. In den tieferen Settings kann man aussuchen ob man beides oder nur eines zur Verfügung stellen will.
Wie funktioniert Folding@Home im Detail?
Zuerst lädt man sich auf der Website den Client herunter:
https://foldingathome.org/start-folding/
Die Oberfläche ist etwas altbacken, beinhaltet aber (fast) alles Wesentliche:
Pause unterbricht die Bearbeitung der aktuellen Work Unit
Finish beendet die aktuelle Work Unit und wechselt dann in den Pause Modus
Mit der Einstellung Folding Power lässt sich die für Folding@home abgestellte Leistung regeln. Es gibt die Einstellungen Light, Medium und Full.
Mit Rechtsklick auf die Folding Slots (also CPU/GPU) kann man auch die Einstellung Idle ja/nein treffen. Das bedeutet wenn der PC nicht genutzt wird (idle angehakt), oder auch während darauf gearbeitet wird.
Im Desktopclient können unter „Configure“ noch mehr Einstellungen wie z.B. im Unterpunkt Slots welche Grafikkarte (wenn mehr vorhanden sind) oder wie viele CPU Kerne man für Folding@Home abstellen muss.
Um den Desktop Client (Advanced Control) oder Webclient in weiterer Folge zu öffnen, klickt man rechts auf das Icon in der Taskleiste. Hier kann auch schnell die Leistung umgeschaltet werden (bzw. auch in den Idle Modus umgeschaltet werden).
Der Webclient ist eine vereinfachte Oberfläche, in der man die wichtigsten Einstellungen (abgestellte Leistung bzw. Idle/while Working) schnell treffen kann.
Man kann hier auch ein Team hinterlegen, ich habe mich kurzerhand dem Linus Tech Tips Team angeschlossen und Krankheiten im Speziellen, wie z.B. Alzheimer oder Krebs auswählen.
Persönliche Erfahrung mit Folding@Home
Auf Folding@Home bin ich schon vor längerer Zeit gekommen, allerdings war ich mir nicht sicher, was ich davon halten soll. Ist die Plattform sicher? Seriös? Schließlich möchte ich mit meiner Rechenleistung ja gute Projekte unterstützen und nicht für dubiose Abzocker Bitcoins farmen. Die Plattform ist eine seriöse, so gehört z.B. NVIDIA zu den langjährigen Partnern von Folding@home.
Als ich dann über das Video von Linus Tech Tips, denen ich auf Youtube folge, gestolpert bin, habe ich für mich entschlossen, mich zu beteiligen. Linus erklärt in dem Video (natürlich mit viel Show rundherum) wie das Ganze funktioniert:
Da ich nun sowieso von zu Hause arbeite, lasse ich den Client im Hintergrund mit „While I’m working“ laufen. Leistungseinbußen im Desktopbetrieb verspüre ich mit meinem Rig keine. Zum Spielen pausiere ich allerdings Work Units und beende den Client.
Bis jetzt habe ich im Medium Modus brauchen die Work Units ca 1 1/2 bis 2 1/2 Stunden. Bis dato habe ich erst eine für den Prozessor und den Rest für die GPU bekommen. Nicht immer ist eine Workunit verfügbar, im Schnitt komme ich bei 8h Heimarbeit auf ein bis zwei zugeteilte Pakete. Da durch Covid 19 viele Unterstützer dazugekommen sind, waren kurzfristig auch die Server überlastet, was sich mittlerweile wieder bessert.
Wieviel Leistung zieht Folding@Home?
Medium lässt einen nach wie vor bequem am PC weiterarbeiten, High würde ich nur wählen, wenn ich nicht am PC bin. (u.a. wegen Lautstärke des Systems)
Meine PC Specs:
Prozessor: Ryzen 7 3800X
RAM: 32GB Trident Z 3200Mhz CL16
Grafikkarte EVGA GTX 1080Ti SC
Meiner Erfahrung nach ist auf Medium die GPU zu 50% ausgelastet, was etwa 55° entspricht, allerdings habe ich sie auch schon voll laufen lassen.
Hier ein Afterburner Screenshot unter Vollast dazu:
Der Prozessor ist ein schon bei Medium ein ordentliches Programm gefahren und bei hoher Auslastung auf allen acht Kernen mit AIO Wasserkühlung an die 80° gegangen. Der 3800X ist aber auch – neben seiner Leistungsstärke – ein Hitzkopf und die AMD Prozessoren dank ihrer „Unsymmetrie“ bei der Hitzeentwicklung mit AIO Suboptimal zu kühlen. Übrigens wer dem bei Ryzen Prozessoren etwas Abhilfe verschaffen will, kann sich mal bei Caseking nach den Brackets von 8auer umsehen (https://www.caseking.de/detail/index/sArticle/54897). Dabei wurden etwa 90 Watt gezogen (lt. Ryzen Master, leider habe ich keinen Screenshot gemacht), im Desktopbetrieb sind es etwa 30 Watt.
Wer also etwas Rechenpower über hat und etwas Strom für einen guten Zweck spenden will, bietet Folding@Home eine gute Möglichkeit dazu.